Die 7 verschiedenen Pilgertypen
Ich habe schon viele Wanderungen gemacht
aber bei keiner habe ich so viele skurille Pilgertypen kennengelernt, wie auf dem Jakobsweg. Alter, Beruf, Einkommen – das alles spielt auf dem Weg keine Rolle. Jeder ist Pilger, nicht mehr, nicht weniger. Punkt. Trotzdem gibt es verschiedene Typen – meist finden die sich auch. Hier eine kleine (augenzwinkernde) Liste*:
Der Sportliche Pilgertyp
Er ist immer der Erste, der morgens aufsteht, schließlich hat er sich viel vorgenommen. Unter 40 Kilometer am Tag macht er gar nichts. Wer sich diesem Pilgertypen anschließen will, muss fit sein. Der Vorteil: Ein Platz in der Herberge ist ihm immer sicher, er läuft den anderen einfach davon. Der Nachteil: Die wunderschönen Kleinigkeiten am Wegesrand bemerkt er nicht – er rennt einfach dran vorbei.
Der Genießer
Er ist das komplette Gegenteil des Sportlichen. „Der Weg ist das Ziel“ ist sein Motto. Wie lange er dafür braucht, ist ihm egal. Dafür hat der Genießer bestimmt die schönsten Kirchen unterwegs besichtigt, in den urigsten Bars gespeist und die nettesten Einheimischen kennengelernt. Wer nur seine drei Wochen hat, um die angestrebte Strecke zu bewältigen, sollte sich einen anderen Laufpartner suchen – allerdings später in der Herberge unbedingt Ausschau nach ihm halten: Denn mit niemandem lässt sich so schön auf die bewältigte Strecke zuprosten, wie mit ihm.
Der Streber
Die Ausrüstung vom Feinsten, drei Wanderführer im Gepäck und vor der Reise noch den kompletten historischen Abriss der Route studiert: Wer auf den Streber trifft, kann überlegen, ob er nachträglich nicht doch noch versucht, aus seiner Camino-Reise einen Bildungsurlaub herauszuschlagen.
Das Gruppentier
Das Gruppentier mag nicht allein sein, stets ist er im Rudel anzutreffen. Erst wenn er mindestens zwei weitere Personen an seiner Seite hat, fühlt er sich so richtig wohl. Nichts ist für das Gruppentier so schlimm, wie die höfliche Ansage „heute mal alleine gehen zu wollen“. Dafür ist das Gruppentier stets darauf bedacht, dass es allen in der kleinen Pilgerfamilie gut geht und niemand auf anstrengenden Ab- oder Anstiegen den Anschluss verliert. Verständnis für einsames Trödeln sollte man von diesem Pilgertypen allerdings nicht erwarten.
Der Einzelgänger
Der Einzelgänger ist das komplette Gegenteil vom Gruppentier. In der Regel meidet er Gruppenbildung. Er mag gerne allein sein. Erst wenn er die Nase voll hat vom allein sein akzeptiert er weitere Personen an seiner Seite. Nichts ist für den Einzelgänger so schlimm, wie die fröhliche Aufforderung „wir wollen gemeinsam ankommen“. Er will keine Verantwortung übernehmen oder ständig darauf achten, dass es allen in der kleinen Pilgerfamilie gut geht und niemand auf anstrengenden Ab- oder Anstiegen den Anschluss verliert. Verständnis für dauernde „Beschallung“ durch Andere sollte man von diesem Pilgertypen nicht erwarten.
Der Schwätzer
Während alle anderen noch an ihrem Bocadillo mümmeln und auf die belebende Wirkung des ersten Schlucks Kaffees warten, ist der Schwätzer schon längst in Hochform. Wohin er heute geht, in welcher Kirche er sich unbedingt einen Stempel holen will und in welcher Bar er Mittag zu machen gedenkt – das alles bekommt nicht nur sein direkter Gegenüber mit, sondern auch alle anderen. Denn der Schwätzer kann nicht nur viel reden, sondern auch laut. Mit Höflichkeit kommt man oft nicht weit bei ihm. Es hilft nur die Flucht.
Der beseelte Pilgertyp
Mit seiner unerschütterlichen positiven Art beginnt er schon den frühen Morgen ohne Kaffee mit einem breiten Grinsen. Er versucht schon morgens um 6 Uhr alle anderen Pilger mit seiner guten Laune anzustecken in dem er laut pfeifend im Schlafraum auf und ab stiefelt um alle sieben Sachen zusammen zu sammeln. Auf dem Weg stolpert er fast weltfremd von einem Blümchen zum nächsten um seine große Freude über deren Duft zum Ausdruck zu bringen. Er summt oder singt seine Top 100 der besten Meditationssongs von seiner Playlist lauthals mit, um allen zu zeigen „Schau mal wie leicht das Leben sein kann“.
* der besseren Lesbarkeit zuliebe habe ich mich hier auf die durchweg männliche Form beschränkt. Alle Pilgertypen lassen sich problemlos auch auf Frauen übertragen.